Der Sicherheitsapparat als Instrument des Staates

Liebe Genoss*innen, liebe Passant*innen,

wir sind heute auf der Straße gegen das neue Polizeigesetz. Wie wir allerdings schon oft betont haben, endet unsere Kritik nicht beim Gesetz selbst. Wir begreifen die Polizei als Teil des Apparates des kapitalistischen Staates und darüber sprechen wir jetzt. Unser Beitrag heißt:

Der Sicherheitsapparat als Instrument des Staates

Die Polizei ist nicht die gesellschaftlich neutrale Institution, als die sie sich in Zeiten neoliberaler Hegemonie ausgibt. Gibt sich die Polizei als Querschnitt durch die Gesellschaft, in der alle Parteien und politischen Positionen vertreten sind, so zeigt ein genauerer Blick auf die Sicherheitsorgane in der konflikthaften Gesellschaft des Kapitalismus, dass diese sich aufgrund der ihnen eigenen Logik zwingend in Richtung Autoritarismus bewegen. Die Polizei befriedet mit Gewalt die Konflikte, die Ergebnis der Sozialstruktur der bürgerlichen Gesellschaft sind. Sie werden in der bürgerlichen Gesellschaft als Kriminalität, als Abweichung von der Norm begriffen. Unbeachtet bleibt aber, dass eben die Normalität, die Armut und Perspektivlosigkeit beinhaltet, ein als kriminell begriffenes Verhalten zwingend mit sich bringt.

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Die Polizei straft lediglich die Abweichler*innen. Diese werden als die eigentlich Schuldigen ausgemacht und nicht das System, das ihr Verhalten geprägt hat. Ein kapitalistisches System kann ohne einen solchen Sicherheitsapparat nicht funktionieren: Würde abweichendes Verhalten nicht mit Gewalt sanktioniert, würde die ohnehin fragile bürgerliche Gesellschaft im Chaos versinken und ein offener Kampf um das Recht des Stärkeren stattfinden. Dieser Stärkere ist in der entwickelten bürgerlichen Gesellschaft der Staat mit seinem Gewaltmonopol. Die Polizei sichert mit ihrer Bekämpfung der Abweichung immer auch das Fortbestehen des bürgerlichen Staates und der bürgerlichen Gesellschaft ab.

Wie sich auch der bürgerlich demokratische Staat blitzschnell ins Autoritäre wenden kann, zeigt sich sehr offen in unserem Nachbarland Frankreich. Dort kündigte der Chef der französischen Bereitschaftspolizei CRS gestern an, bei den heutigen Protesten der Gilets Jaunes möglicherweise Demonstrant*innen erschießen zu müssen. Die Gilets Jaunes, die gegen die Zumutungen des Neoliberalismus auf die Straße gehen, stellen mit ihrer Militanz das Gewaltmonopol des Staates infrage. Daraufhin bettelt der Polizeiapparat die Regierung Macron nach Verhängung des Ausnahmezustands an. Die Verhängung des Kriegsrechts ist die mehr oder weniger offene Drohung, die der bürgerliche Staat immer in der Hinterhand hat.

Auf individueller Ebene stärkt die Logik der Bestrafung von Abweichler*innen bei den Beamt*innen einerseits das Gefühl einer eigenen Rechtschaffenheit, andererseits einer moralischen Verdorbenheit der Welt, die die Sicherheit bedroht. Diese Vorstellungen fügen sich hervorragend in ein autoritäres Weltbild ein. Diese autoritäre Funktionsweise schreit nach mehr Befestigung der Gewalt, durch mehr Polizei und schärfere Gesetze. Im Rechtsruck fühlen die autoritären Individuen sich bedroht – der Sicherheitsapparat antwortet auf die eigene Frage. Gesellschaftliche Stimmung und autoritäre Logik des Sicherheitsapparates reichen sich die Hand im neuen Polizeigesetz.

Und diesem – nicht nur diesem, sondern allen Institutionen, die es hervorbringen, treten wir heute entgegen. Schöne Grüße an alle, die sich heute mit der Staatsgewalt anlegen.

Bonne chance!

Rede aus dem Linksradikalen Block gegen Rechtsruck um 15:05 Uhr bei der Landesweiten Demonstration Polizeigesetz NRW stoppen! am 8.12.2018 (Twitter: #dus0812)