„Polizeigesetz NRW stoppen!“ – Bündnis fordert vollständige Verhinderung statt kosmetischer Veränderung des Gesetzes

+++ Weiterhin breiter Widerstand gegen geplante Verschärfung des Polizeigesetzes NRW +++ Das Bündnis „Polizeigesetz NRW stoppen!“ ruft auf zu Aktionswochen und einer landesweiten Demonstration am 8.12.2018 in Düsseldorf +++ Bündnissprecherin Michèle Winkler fordert, das Gesetz vollständig zu stoppen, statt kosmetische Änderungen vorzunehmen

Die Fraktionen von CDU und FDP des Landtags NRW haben am 9. Oktober einen Änderungsantrag zur umstrittenen Verschärfung des Polizeigesetzes vorgestellt. Das Bündnis „Polizeigesetz NRW stoppen!“ bemängelt, dass die öffentliche Kritik und die Stellungnahmen zahlreicher Expert*innen nicht ernst genommen wurden und fordert, die geplanten Verschärfungen zu kippen. Das Bündnis ruft zum landesweiten Protest auf, mit lokal organisierten Aktionswochen und einer landesweiten Demonstration am
8.12.2018 in Düsseldorf.

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Bündnissprecherin Kerstin Demuth kommentiert: „Die Regierungsfraktionen erklären nicht, wie die Verschärfung für mehr Sicherheit sorgen soll. Das Gegenteil ist der Fall: Unsere Abwehrrechte gegen den Staat schaffen Sicherheit – und die werden durch den Gesetzentwurf ausgehöhlt. Das Gesetz führt zu Rechtsunsicherheit, weil die polizeilichen Maßnahmen fortan jede*n treffen können: Es kann ausreichen, bestimmte Internetseiten anzuklicken, mit vermeintlich Verdächtigen in Kontakt zu stehen oder einfach zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.“

Weitreichende Überwachungsbefugnisse

Auch in der veränderten Fassung des Gesetzes sollen alle Überwachungs- und Repressionsmaßnahmen des Entwurfs erhalten bleiben, darunter elektronische Fußfesseln und Schleierfahndung. Ebenso soll die Videoüberwachung ausgeweitet werden, obwohl sie Studien zufolge gegen Gewalt und Terror wirkungslos ist. Dagegen wird der Polizei mit dem Taser eine neue, lebensgefährliche Waffe zugestanden, die in den USA schon zu Hunderten Toten führte.
Auch staatliches Hacking via Staatstrojaner ist weiterhin vorgesehen.
Gegen Staatstrojaner laufen mehrere Verfassungsbeschwerden – auch von der FDP, unter anderem, weil das Eindringen in Geräte nur über offen gehaltene Sicherheitslücken funktioniert.

Zwei Wochen Unterbindungsgewahrsam ohne anwaltlichen Beistand

Der Unterbindungsgewahrsam soll deutlich verlängert werden: von aktuell zwei Tagen nun auf zwei Wochen. Diese erste Frist kann jedoch verlängert und anschließend beliebig oft neu beantragt werden. Damit wird die Möglichkeit geschaffen, Menschen ohne Rechtsbeistand und ohne Verurteilung einzusperren. Das ist ein Bruch mit dem Prinzip der Unschuldsvermutung. Die Vorschrift gilt sogar – anders als noch im letzten Entwurf – für alle (und nicht ausschließlich für terroristische) Straftaten. „Ein perfektes Sinnbild für den gesamten Änderungsantrag“, so Sabine Lassauer, Sprecherin des Bündnisses: „Die Änderungen sind reine Augenwischerei, um unsere Kritik zu ersticken. Aber wir bleiben dabei: Das Gesetzesvorhaben strotzt vor Kontrollwahn. Es bleibt ein Angriff auf unsere Grundrechte und Freiheiten. Wir lehnen es deshalb kompromisslos ab.“

Fragwürdige Definition von Terrorismus

Trotz gegenteiliger Behauptung ist der weithin kritisierte Begriff der „drohenden Gefahr“ weiterhin im Gesetz enthalten. Zwar wurden die Worte „drohende Gefahr“ entfernt, allerdings findet sich deren Definition nun in den Maßnahmenvorschriften der Quellen-TKÜ, der Aufenthaltsvorgaben und der elektronischen Fußfessel. An die Stelle der „drohenden terroristischen Gefahr“ tritt ein weit gefasster Straftatenkatalog „terroristischer Straftaten“. Solch ein Katalog ist laut Sachverständigem Prof. Dr. Clemens Arzt grundsätzlich ungeeignet für die Gefahrenabwehr und überschreite hier deutlich das Maß des grundrechtlich Vertretbaren. Danach würde in Zukunft bereits das Beschädigen eines Polizeifahrzeugs als Terrorismus gewertet, wenn es mit „terroristischem Vorsatz“ geschieht. Wie dieser Vorsatz nachgewiesen werden soll, bleibt unklar.

„Das Gesetz stellt einen Paradigmenwechsel dar und der Änderungsantrag ist nur eine Verschleierungstaktik“, erklärt Bündnissprecherin Michèle Winkler. „Die Gefährder-Definition gibt der Polizei die Möglichkeit, weit vor einer konkreten Gefahr Menschen zu überwachen und ihre Freiheit empfindlich einzuschränken. Die Pläne der NRW-Regierung schaffen die Voraussetzungen für polizeiliche Willkür, beschneiden wesentliche Grundrechte und zerstören das Vertrauen in die Demokratie.“

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