Versteckspiel

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Anfang des Monats beschrieb Bundesinnenminister Seehofer ein Erfolgsrezept bei der Gesetzgebung: „Man muss Gesetze kompliziert machen, dann fällt das nicht so auf.“. Später klärte er auf, dass dies „leicht ironisch“ gemeint gewesen sei. Also kein Grund zur Sorge.

Es erscheint sinnvoll, einige aktuelle Entwicklungen in der Innen- und Sicherheitspolitik transparenter zu machen und über hieran vorgebrachte Kritik und Protest zu berichten.

Innenministerkonferenz

Vom 12. bis 14. Juni trafen sich die Innenminister von Bund und Ländern zur Innenministerkonferenz (IMK) in Kiel, um über Themen wie Überwachung und Abschiebungen zu debattieren.

Aus diesem Anlass zogen am 12. Juni zwei Demonstrationszüge durch Kiel: Ab 18:00 „Hiergeblieben – gegen Abschiebung, Polizeiallmacht und Rassismus“, ab 19:30 „Gegen Repression, Rechtsruck und autoritäre Formierung!“ (#NoIMK2019, Resümee der Organisator*innen).

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Zugriff auf Alexa & Co

Bei den Jüngeren unter 40 Jahren sprechen inzwischen 48 Prozent mit Siri, Googles Assistant oder mit Alexa. Gegenüber letztem Jahr schenken 60 Prozent mehr Menschen einem solchen Sprachübertragungsgerät ihr Vertrauen.

In dem Beschluss der IMK zu Tagesordnungspunkt 27 „Digitale Spuren“ wurden zwar keine neuen Polizei-Befugnisse „zum Auslesen von Daten aus sogenannten Smart-Home-Geräten“ beschlossen. Es ging bei der IMK jedoch nie um neue Ermächtigungen, sondern die Klärung technischer Fragen zu möglichen Daten-Zugriffen bei der nach wie vor angestrebten Ausschöpfung bestehender Befugnisse zur Auswertung digitaler Spuren.

Apropos bestehende Befugnisse: Google legte offen, dass im ersten Halbjahr 2018 deutschen Behörden der Zugriff auf rund 6000 Nutzerkonten gewährt wurde, einschließlich Aufzeichnungen über Standorte und Spracheingaben an Googles Assistant.

Herkömmliche Telefonüberwachung ist im Allgemeinen nicht darauf angewiesen, Daten aus Telefongeräten auszulesen, weil die Gesprächsinhalte viel leichter an anderer Stelle abgegriffen werden können. Folgerichtig kommt die taz zu dem Schluss, für die Auswertung „smarter“ Haushaltsgeräte seien Gesetzesänderungen nicht erforderlich, weil Daten auf Servern beschlagnahmt werden könnten, im Ausland solle dies künftig durch die e-Evidence-Verordnung vereinfacht werden, und den heimlichen Zugriff auf z.B. Alexa ermögliche bereits der 1998 eingeführte „Große Lauschangriff“.

Im Deutschlandfunk gab Peter Schaar, langjähriger Bundesbeauftragter für den Datenschutz, anlässlich der IMK ein Interview, in dem er erläuterte, dass der Zugriff schon 2017 von der Großen Koalition in einem Überrumpelungsmanöver ermöglicht worden sei (seines Erachtens in „völlig unverhältnismäßiger Weise“), und es jetzt nur noch um Erleichterungen bei der Durchführung gehe.

e-Evidence-Verordnung

Im November 2018 veröffentlichten die unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder eine Entschließung gegen die e-Evidence-Verordnung:

Der Vorschlag der EU-Kommission für eine E-Evidence-Verordnung führt zum Verlust von Betroffenenrechten und verschärft die Problematik der sog. Vorratsdatenspeicherung

Die Strafverfolgungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten sollen die Befugnis erhalten, Anbieter von Telekommunikations-und Internetdienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten der EU und auch in Staaten außerhalb der EU (Drittstaaten) unmittelbar zur Herausgabe von Bestands-, Zugangs-, Transaktions- und Inhaltsdaten zu verpflichten.

[Kritik]

Die DSK appelliert daher an alle im Gesetzgebungsverfahren Beteiligten, den Vorschlag für eine E-Evidence-Verordnung zu stoppen!

Entschließung der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden

Auch der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments veröffentlichte Arbeitsdokumente, die sich kritisch mit der noch vom Europäischen Parlament zu beschließenden e-Evidence-Verordnung auseinandersetzen:

Europäische Herausgabeanordnungen für Transaktions- oder Inhaltsdaten können für alle Straftaten, die „mit einer Freiheitsstraße im Höchstmaß von mindestens drei Jahren geahndet werden“, und für Straftaten erlassen werden, die in bestehenden EU-Instrumenten zu Terrorismus, zur sexuellen Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie, zu Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln und zu Angriffen auf Informationssysteme aufgeführt sind.

5. Arbeitsdokument (A) des LIBE

Vergleichende Untersuchungen haben gezeigt, dass sich in allen Mitgliedstaaten die Tendenz zur Erhöhung des Höchststrafmaßes für sämtliche Straftaten abzeichnet. Somit ist das Mindeststrafmaß für den Erlass von Europäischen Herausgabeanordnungen bei den meisten Straftaten gegeben. Entgegen den Angaben der Kommission in ihrer Begründung kann selbst das Höchststrafmaß für Bagatelldelikte (wie einfacher Diebstahl, Betrug oder tätliche Angriffe) mindestens drei Jahre Freiheitsentzug betragen.

5. Arbeitsdokument (B) des LIBE

Messenger-Verschlüsselung

Dem Plan des Bundesinnenministers, die Verschlüsselung von Messengerdiensten wie WhatsApp für Strafverfolgungszwecke auszuhebeln, stimmten die SPD-Länder „noch keineswegs zu“.

Vor der IMK hatte sich ein breites Bündnis in einem Offenen Brief unter anderem wegen der zu erwartenden Gefährdung der IT-Sicherheit und des Vertrauensverlustes der Verbraucher*innen gegen das Vorhaben ausgesprochen. Zu den Unterzeichner*innen gehören verschiedene Expert*innen für IT-Sicherheit und Innere Sicherheit, Bürgerrechtler*innen, Verbände und andere, darunter die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, der Chaos Computer Club, Digitalcourage e.V und der ehemalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar.

Nachtrag: Das Bundesinnenministerium steht dessen ungeachtet nach eigener Aussage „am Anfang einer Lösungsfindung“ für einen „staatlichen Zugriff als gesetzlich geregelte Ausnahme“.

Abschiebung

Der Abschiebestopp für Asylbewerber*innen aus Syrien bleibt vorerst bis zu einem neuen Lagebericht im Herbst bestehen, und die SPD-regierten Länder halten im Unterschied zur üblichen Praxis in Bayern und Sachsen daran fest, nur Menschen, die wegen einer Straftat verurteilt wurden, und „Identitätstäuscher“ nach Afghanistan abzuschieben.

Eine Kolumne in der Süddeutschen Zeitung sieht den „Rigorismus der Abschiebepolitik“ auch im extrem ablehnenden neuen staatlichen Umgang mit Kirchenasyl wiedergespiegelt.

Verschärfung des Polizeigesetzes in Mecklenburg-Vorpommern

Am Sonntag (16. Juni) demonstrierten in Schwerin über 1000 Menschen gegen das Sicherheits- und Ordnungsgesetz MV (#SOGMV). Der Protest wurde vom Bündnis „SOGenannte Sicherheit“ organisiert.